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"Japan schätzt die Schweiz sehr"

SMC beschäftigt in 83 Ländern rund um den Globus etwa 23 000 Mitarbeiter, die mit Leidenschaft für die industrielle Automatisierung tätig sind. Welchen Anteil die SMC Schweiz daran hat und welche Produkte und Lösungen das Unternehmen auf der SPS 2023 in DE-Nürnberg vorstellen wird, beschreibt Daniel Langmeier, Geschäftsführer der SMC Schweiz AG und SMC Deutschland GmbH, im exklusiven Interview mit der «Technischen Rundschau».

Herr Langmeier, die SMC Schweiz AG mit Hauptsitz in Weisslingen ist seit 47 Jahren erfolgreich auf dem Schweizer Markt tätig. Wie unterscheidet sich dieser im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern und weltweit?
Die Schweiz beherbergt nicht die grossen Maschinenbauer, die ihre Maschinen auch hierzulande produzieren, wie Deutschland. Die wertvollste Ressource der Schweiz sind unsere Bildung und die damit verbundene Innovationsleistung. Folglich ist die Schweiz wichtig als Hersteller von hochqualitativen Lösungen und als internationaler Forschungs- und Entwicklungsstandort.

Was waren aus Ihrer Sicht die Highlights in diesen Jahren?
Es ist schön zurückzublicken, wie sich das Unternehmen entwickelt. Unser Firmengründer begann alleine in Tokyo in einer Garage, und nun zählt SMC weltweit 23 000 Mitarbeitende. Was mich immer beeindruckte und worauf SMC sehr stolz ist, ist der ausgeprägte Service gedanke, die enge Zusammenarbeit mit den Kunden für die Entwicklung von neuen Produkten und die enorme Fertigungstiefe. Über 90 Prozent unserer Produkte werden in eigenen Fabriken hergestellt. Das verleiht uns Unabhängigkeit und erlaubt Kontinuität hinsichtlich Qualität und Verfügbarkeit. Die entsprechende Infrastruktur wird stetig weiter ausgebaut. Im laufenden Geschäft sjahr investiert SMC global 800 Millionen Franken in den Ausbau von Produktions- und Logistikstandorten.

Und wie sieht es mit den Produkthighlights aus?
SMC prägt seit 64 Jahren die Trends in der industriellen Automation und nahm bei vielen Produkten eine Vorreiterrolle ein: So war SMC der Erfi nder des pneumatischen Schlittens – ein Antrieb mit Führungen und sehr kompakter Bauform. Einige Jahre später folgte die erste Ventilinsel auf dem Markt. Es war revolutionär, aus einzelnen Ventilen komplette Blöcke im modularen Baukastensystem zusammenzustellen. Die Technologie hat sich seither enorm entwickelt, und unser Fokus der vergangenen Jahre lag bei der Platz- und Gewichtsreduktion sowie bei der Reduktion von Rohstoff en und Energieverbrauch. Bei unseren pneumatischen Antrieben konnten wir das Gewicht um über 50 Prozent reduzieren – das entspricht einer Einsparung von 410 Tonnen Aluminium bei einer Million Zylindern im Jahr. SMC produziert aber jährlich ein Vielfaches davon.

Von der Vergangenheit in die nahe Zukunft: Welche Neuheiten wird SMC auf der SPS 2023 präsentieren?
Beispielsweise das AMS: Das Air Management System zeichnet den Verbrauch, Druck und die Temperatur der Druckluft in Maschinen auf und lässt sich so programmieren, dass es automatisch bei Stillstandzeiten den Druck reduziert oder die Luftzufuhr komplett von der Maschine trennt. Damit lassen sich erheblich Druckluft und Kosten sparen. Die Industrie steht heute unter Druck, nachhaltiger zu werden, Ressourcen zu schonen und, bei steigenden Energiekosten, den Verbrauch von Energie zu reduzieren. Da leistet das Air Management System wichtige Dienste.
Unsere elektrischen Antriebe zeichneten sich schon immer durch ihre einfache Programmierung und Inbetriebnahme aus. Nun wird dies noch einfacher. Die Easy Electric Actuators benötigen keine Programmierung mehr und sind so einfach wie pneumatische Antriebe, mit nur zwei Signalen zu bedienen, resultierend in drei frei definierbaren Positionen. Sie bieten aber alle Vorteile von Elektroantrieben wie einstellbare Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung. Als drittes Highlight präsentieren wir unsere Wireless- Technologie. Unser drahtloses Feldbussystem macht Kabel vergessen, miniert dadurch die Installationszeit, die Zeit der Demontage vor dem Versand und die Inbetriebnahme von komplexen Anlagen beim Kunden und steigert die Zuverlässigkeit von Anwendungen, insbesondere in der Robotik.

Was waren die Beweggründe für diese Neuentwicklungen?
Entwicklungen geschehen bei uns immer aufgrund von Kundenanforderungen. So standen beim Air Management System die Bestrebungen unserer Kunden nach mehr Energieeffizienz im Zentrum: Es bestand der Wunsch nach einer Lösung, welche keine manuellen Aktionen erfordert, sondern automatisch den Verbrauch senkt. Zusätzlich wurden digitale Schnittstellen für die Visualisierung und die Einbindung in übergeordnete Cloud-Systeme gefordert, beispielsweise via OPC UA.
Beim drahtlosen Feldbussystem standen vor allem die Anforderungen grosser Roboterhersteller im Zentrum: Die Kabel an Robotern sind starken und schnellen Bewegungen ausgesetzt und dadurch anfällig auf Brüche, was Stillstände und aufwendige Reparaturen nach sich zieht. Mit unserem Wireless-System kann dies nicht mehr passieren.

Welchen Anteil hat die SMC Schweiz AG an diesen Neuentwicklungen?
Unser Forschungs- und Entwicklungszentrum in Japan sammelt Rückmeldungen und Vorschläge für Neuentwicklungen aus der ganzen Welt – jedes Land zählt. SMC baut zu diesem Zweck für 823 Millionen Franken in Japan ein neues R&D Center in der Nähe von Tokyo. Japan schätzt die Inputs aus der Schweiz als Innovationstreiber sehr. So können auch wir neue Entwicklungen oder Produkterweiterungen anstossen. Natürlich sind da unsere Kunden und deren individuellen Bedürfnisse zentral, die wir in Japan einfliessen lassen.

Sie sprachen die Energieeffizienz im Umgang mit Druckluft an. Können Sie das noch etwas konkretisieren?
Pneumatik ist nach wie vor eine sehr wichtige und vielfältige Technologie, die aus der Automatisierung nicht wegzudenken ist und weiter wachsen wird – sei es für die Steigerung der Effizienz von Maschinen, sei es aufgrund des Fachkräftemangels oder zur Lösung von komplexen Anwendungen, zum Beispiel der Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge, Verpackungsmaschinen, Medizin- und Halbleitertechnik. Die Druckluft wird allerdings auch häufig vernachlässigt, wenn es darum geht, Energieeinsparungen zu realisieren. Dabei bieten Druckluftsysteme hohe Einsparpotenziale von bis zu 50 Prozent.

Können Sie unseren Lesern einige Tipps geben?
Mit einigen einfachen Massnahmen können Sie ohne grosse Kosten beachtliche Einsparungen realisieren: Trennen Sie Maschinen während Stillstandzeiten oder über Nacht von den Hauptleitungen, beispielsweise mit unserem neuen Air Management System. Reduzieren Sie den Leitungsdruck so weit wie möglich: Häufig liegt der Leitungsdruck in heutigen Fabriken bei 6 bis 7 bar, wobei die meisten Anwendungen auch mit deutlich weniger Druck funktionieren würden. Heute verzeichnen wir einen Trend hin zur sogenannten 4 bar factory. Dort, wo mehr Druck benötigt wird, kann punktuell mit Druckverstärkern gearbeitet werden. Und bei Vakuumanwendungen können mit mehrstufigen Ejektoren erhebliche Einsparungen erzielt werden. SMC führt eine grosse Produktpalette mit Energy-saving-Produkten oder führt Audits vor Ort durch.

Wie wird sich das SMC-Produktportfolio in den nächsten Jahren entwickeln?
SMC investiert jährlich 170 Millionen Franken in Forschung und Entwicklung und bringt rund 50 neue Produkte auf den Markt. Dabei bleiben wir unserer Strategie ‹Entwicklung gemäss Kundenanforderung› treu. Ein Eckpfeiler ist die enge Partnerschaft und Zusammenarbeit mit unseren Kunden: Wir entwickeln unsere Produkte zusammen mit unseren Kunden, und dank ihrer Beiträge und Erfahrungen können wir laufend State-of-the-Art-Produkte anbieten. Deshalb hat sich in den vergangenen Jahren das Produktportfolio nicht nur in der Pneumatik weiterentwickelt, sondern auch deshalb, weil die Automationstechnologien immer stärker zusammenwachsen. So bietet SMC mittlerweile auch umfassende Produktpaletten im Bereich Temperiergeräte, Ionisierer oder Prozessventile. Zudem entstehen neue Märkte, welche neue Produkte verlangen. Neustes Beispiel ist unser Kompaktkompressor für selbstfahrende Fahrzeuge, sogenannte AGVs, der in Europa dieser Tage auf den Markt kommt.

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